Ohne Hintergedanken.

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Christoph Nowag

Veröffentlicht am 

von Christoph Nowag

Kategorie: Archiv

Im BWL-Studium habe ich gelernt: ‘Wichtigstes Ziel eines Unternehmens ist die Gewinnmaximierung.’ Diese These kann man so stehen lassen. Oder feststellen, dass sie für einen selbst nur als ein Ziel neben anderen gilt.

Natürlich muss ein Unternehmen erfolgreich sein, weil sonst die Mitarbeiter entlassen werden, keine Investitionen getätigt werden können, man selbst nichts zum Leben hat, wir dem Kunden zukünftig keinen Nutzen mehr bringen können usw.

Wer aber zu schnell die < Was-bringt-es-Frage > vor Augen hat, verstellt sich selbst den Blick. Und verbaut sich mögliche Entwicklungen.

Ich habe vor einigen Jahren über ein junges Unternehmen im IHK-Magazin gelesen. Ich fand toll, was sie machen und habe ihnen das auch geschrieben. Warum ich das tat? Weil ich es eben toll fand. (So etwas mache ich häufiger.) Unerwarteterweise kam eine Antwort. Wir telefonierten. Wir vereinbarten einen Kennenlerntermin. Es folgten noch mehrere andere Treffen. Und auf einmal hatten wir neben der persönlichen Ebene auch eine berufliche Verbindung.

Ein zweites Beispiel: Vor längerer Zeit habe ich einen Artikel über gemeinnützige Stiftungen geschrieben. Ein Herr meldete sich und hatte Fragen. Es gab mehrere Kontakte. Dann war zwei Jahre nichts mehr zu hören. Letztes Jahr rief er wieder an mit Problemen. Zum Ende eines Telefonats fragte er, ob ich eine Stiftung wüsste, der er nach seinem Tod etwas vermachen könnte. Ich nannte ihm eine der Stiftungen, in der ich aktiv mitwirke. Wieder hörte ich nichts mehr von ihm. Diesen Samstag wurde ich von einem Notariat informiert, dass die empfohlene Stiftung Alleinerbin meines zwischenzeitlich verstorbenen Telefonkontakts ist. Wir sind uns nie persönlich begegnet.

In beiden und noch vielen anderen Fällen hätte sich voraussichtlich nichts entwickelt, wenn ich gleich den Verkäufermodus eingeschaltet hätte. Lieber Begegnung ohne Hintergedanken. Der Rest kommt, wenn es sein soll.

13 Gedanken zu „Ohne Hintergedanken.“

  1. Moin Christoph,
    wie Du aus Deinem letzten Bericht sehen kannst, so gilt die nicht zuerst pekuniär angelegte Denkweise vorallem wenn man langfristig denkt.
    Wenn man aber – wie Rechtsanwälte bei Privatpersonen als Mandanten – keine Folgeaufträge absehen kann, dann ist die Gewinnoptimierung – nach meinen Erfahrungen mit diversen Rechtsanwälten – leider die vorherschende. Gerade weil die Rechtsanwälte – im Gegensatz zu Steuerberatern – nicht an der Qualität Ihrer Leistung gemessen und bezahlt werden, folgen Rechtsanwälte der Gewinnoptimierung: Von Anfang an, weiß der Rechtsanwalöt, was er an dem Mandat verdient…also möglichst wenig Aufwand (betriebswirtschaftlich: Kosten) um einen Möglichst hohen Deckungsbeitrag zu erzielen.
    So erzählte mir kein Anwalt etwas von einem Regressionsverfahren erzählt, dass ich gerade in meiner Steuersache anstrenge, weil ihm dass ja kein zusätzliches EInkommen und damit auch keinen zusätzlichen Deckungsbeitrag bringt.
    Aber dazu mehr, wenn sich die Richter in Nürnberg dazu geäußert haben.

    Nur wenn man so uneigennützig denkt, wie Du, dann tritt auch die Überlegung von Anfang an hinzu…was kann sich durch meinen Rat an Vorteilen für andere einstellen, auch wenn man selbst nur ein gutes Gefühl dabei erhält.
    Tschüss aus Hamburg.

    P.S. Vielleicht brauche ich ja auch noch einen steuerlich versierten an meiner Seite, je nachdem vor welcher Instanz das Regressionsverfahren statt findet.

    • Hallo Nils,

      es gibt wohl in jeder Berufssparte unterschiedliche Strategien, die zum jeweiligen Typ passen müssen. Der eine braucht es so, wie von Dir beschrieben. Der andere eben nicht. Aber klar ist auch, dass jeder Unternehmer schauen muss, wo er bleibt. Und wenn nachher außer Arbeit nichts hängenbleibt, ist das unschön.

      Beste Grüße von Süd nach Nord
      Christoph

      • …außer Arbeit und Insolvenz…wie jetzt von meinem vorletzten Rechtsanwalt gegen meine Unfallersicherungen aufgezeigt wird.
        Hätte er seinen Mandanten nicht nur zum Besten seines Deckungsbeitrages sondern auch zum Besten des Mandanten vertreten, dann würde heute nicht das Insolvenzgericht über seine Zukunft entscheiden. Insofern ist dies wieder ein Beweis dafür, dass Deine langfristige und uneigennützige Denkweise offensichtlich für alle Berufssparten gilt und von Erfolg gekröhnt ist…sorry, dass ich Dir da widersprechen muss…und eben nicht „der eine so, der andere anders“.

  2. Genau so muss es sein! Auch ich erfahre immer wieder, dass die Menschen zu Kunden werden, die man beraten hat, ohne Hintergedanken und ohne dafür eine Rechnung zu schreiben. Und manch einer, dem man einen Tipp gegeben hat und eigentlich meinte man könne ihm nicht helfen, meldet sich später und bedankt sich. Natürlich sind wir nicht die Caritas oder die Bahnhofsmission, aber es muss zum unternehmerischen Denken gehören, dass das Wohl des Kunden auch ganz oben steht!

  3. Ich kann Frau Spelters nur zustimmen.
    Ein Volltreffer
    Durch feste Zielvorstellungen und Erwartungen auf der Beziehungsebene blockiere ich mich nur selbst und Enttäuschungen sind vorprogrammiert ( 100 % ).
    Lieben Gruß
    Wolfgang

  4. Schön formuliert Christoph! Bei all dem darf man aber auch nicht vergessen, dass jedes/r Unternehmen/r zu Anfang auf Umsatz aus sein muss. D.h. Kontakte sind schön und gut, aber reine „Zufallskontakte“ bezahlen am Ende nicht die Rechnungen.

    Gerade deshalb finde ich das Internet auch nach 20 Jahren noch so faszinierend. Es gibt mir die Möglichkeit, mit unzähligen Menschen regelmäßig (!) in Kontakt zu stehen, ohne dafür hunderte von Kilometern zurücklegen zu müssen. Natürlich ersetzt nichts ein persönliches Kennenlernen. Der „digitale Smalltalk zwischendurch“ ist aber besser, als sich monatelang komplett aus den Augen zu verlieren. Gerade dann, wenn es eine eher lockere Bekanntschaft ist.

    So, ich widme mich dann jetzt wieder dem Netzwerken 😉

    Grüße und frohes Schaffen!
    Michael

  5. Hallo Michael,

    auch ich bin von den Möglichkeiten begeistert. Aber komisch: Ich habe einige Freunde (insbesondere aus der Studienzeit), mit denen ich quasi nicht maile. Auch nicht viel telefoniere. Wir treffen uns 2-3 mal im Jahr. Und dann geht die Post ab …

    Beste Grüße
    Christoph

  6. Genau so ist es, allerdings sind immer noch die meisten Zeitgenossen mehr an Quantität als an Qualität interessiert. Sogenannte „Kaltbesuche“ und ständige Penetrierung (nerven) der Kunden mit der Brechstange bewirken in der Regel das Gegenteil des ursprünglich gewollten. Nachhaltiger Erfolg stellt sich nur dann ein, wenn man den Kunden als Partner und nicht als „Melkkuh“ betrachtet. Dazu bedarf es aber oftmals eines langen Atems. Umfangreiche Erfahrungen in zwischenmenschlichen Bereichen können auch nicht schaden. Viele Unternehmen reden ständig von Nachhaltigkeit, bewirken aber durch hektischen Aktionismus genau das Gegenteil. Der Kunde wird leider zu oft unterschätzt.
    Das Minimalprinzip der Ökonomie entpuppt sich oftmals als „Holzweg“.

  7. Lieber Herr Müller,

    ganz herzlichen Dank für diese Gedanken. Und Sie haben vielleicht ein Kriterium aufgezeigt, warum wir bei Kunden unterschiedlich reagieren und nicht sofort Leistung gegen Bezahlung rufen: Wir haben Erfahrung im zwischenmenschlichen Bereich.

    Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht.

    Beste Grüße
    Christoph Nowag

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